Salzwasserwege

Einfach mal los laufen

Die Sierra Lujar

Die Sonne scheint von dem klaren Himmel, es ist früh am Morgen und eine wundervolle würzige Luft strömt in meine Lungen. Die Vögel zwitschern und das Wasser des Bewässerungskanals plätschert fröhlich vor sich hin. Was will ich mehr, ich könnte es einfach genießen und nur so in die Luft schauen! Aber ich habe ein Ziel, ein Ziel was mir schon seit zwei Jahren im Kopf herum geistert, ja es ist ein Wanderziel. Wenn wir aus unserer Haustür schauen haben wir die Sierra Lujar im Blick und oben auf einem der Gipfel sehen wir ein paar Antennenmaste. Die Brandschneise führt dort in gerader Linie hin um sich in einem Grat zu verlieren. Zwei mal habe ich schon versucht die Spitze zu erreichen, ob es heute klappen könnte?

Spontan wie ich bin renne ich los, mit einem Liter Wasser und zwei Orangen. Zuerst geht es über die Sieben Augen Brücke, weiter die Straße entlang Richtung Los Tablones um an der Abbiegung in den Pfad abzuschwenken. Unter niedrigen Pinien geht es im Zickzack langsam den Schotterpfad bergauf. Irgendwie habe ich gar keine Lust, das ist dann meine andere innere Seite, aber ich habe ja ein Ziel!

Wasserstelle wofür?

Die Sonne steigt unaufhörlich weiter, ich fange an zu schwitzen und mein Kopf meldet ungeschützte UV Belastung. Tja, meine Kopfbedeckung liegt zu Hause. Na gut, wenn es schlimmer wird kann ich ja immer noch den Sendero de los Mineros (Wanderweg zu den Minen), den kürzeren Weg, wieder zurück gehen. Ich komme an die erste Abzweigung, rechts geht es direkt auf die Brandschneise. Der Weg ist kürzer aber sehr steil, also bleibe ich auf dem markierten Wanderweg der weiter hin und her geht, immer weiter aufwärts.

Mittlerweile habe ich das Pinienwäldchen hinter mir gelassen und der Pfad führt durch die stachelige und spärlich Vegetation. Irgendwann hört das ewige hin und her auf und ich bin endlich auf der Brandschneise. Rechts geht der Wanderweg Richtung Minenweg in die Schlucht hinunter. Ich bleibe auf der Brandschneise die steil und gerade nach oben führt, immer höher. Ich halte ganz oft an um Luft zu schnappen und die Aussicht zu genießen.

Der Campingplatz

Unter mir liegt Orgiva und ich kann unser Wohnmobil in der Sonne stehen sehen. Darüber thronen die schneebedeckten Gipfel der Sierra Nevada. Es ist eine wundervolle Aussicht ein Traum den man mit dem Fotoapparat nicht einfangen kann. Der Weg ist jetzt ein Doppelpfad, denn hier fahren auch Geländewagen und ab und an sind dort Fässer oder große Kanister mit Wasser aufgestellt. Irgendetwas wird hier also mit Wasser versorgt. Es müssen kleine Tiere sein, denn um die Tränken sind Baustahlmatten aufgestellt. Als nächstes geht ein Pfad links zum Rio Alhayón ab, auch eine traumhafte Strecke, aber jetzt nicht, denn mein Ziel.

Es wird jetzt wolkig und ich kann im Schatten laufen während Orgiva im schönsten Sonnenschein glänzt. Ich bin froh das es nicht mehr auf meiner Stirn brennt aber dafür muss ich meine Fleecejacke wieder überziehen. Kurze Zeit später geht die letzte Möglichkeit für einen kürzeren Weg rechts zum Minenweg ab. Es ist eine befahrbare Piste die sich in das Tal herab schlängelt. Ich bleibe auf der Brandschneise, den Weg zu meinem Ziel.

Die Sierra Nevada mit Orgiva

Die Schneise wird immer enger und der Weg immer schlechter, kaum zu glauben das hier Fahrzeuge hoch kommen. Mittlerweile tauchen im Westen der Stausee Embalse de Béznar auf und da hinter viele Gebäude, das könnte, nein das muß Granada sein! Wow, was für eine Aussicht. Unter mir Orgiva links der Stausee,  Soportujar, Carataunas und auf gleicher Höhe Pampeinera und was weiß ich noch für Orte, weiße Tupfer in der grau-grünen Gebirgslandschaft. Und oben die weißen Gipfel! Wie malerisch! Es geht weiter, die Vegetation wird immer spärlicher und stachliger. Zum Glück wurde die Brandschneise vorletztes Jahr gerodet. Immer wieder bücke ich mich weil stellenweise viele Bergkristallbrocken herum liegen. Eine besonders hübschen nehme ich als Andenken mit.

Schneereste

Irgendwann ist die Fahrspur verschwunden und es bleibt ein einzelner Pfad. Rechts und links werden die Abgründe immer steiler und der Grat immer schmaler bis sich der Pfad fast verliert. Jetzt bin ich an der Stelle an der ich zwei mal umgekehrt bin, irgendwo auf 1400 Meter Höhe. Ab hier muss ich oft die Arme beim klettern mit zu Hilfe nehmen und es ist nicht einfach den richtigen Pfad zu finden. Aber irgendwann neigt sich die Landschaft und in den Wolken kann ich die ganzen Antennenmaste auf dem Gipfel erkennen. Ich habe es fast geschafft und kurz vor meinem Ziel tauchen auch das erste mal die Gemse auf (ich denke mal das es welche sind), die mich ziemlich irritiert anschauen und dann lieber reiß aus nehmen. Ich schein ja nicht vertrauenserweckend aus zu sehen!

Fast auf dem Gipfel

Dann endlich bin ich auf dem Gipfelweg, einer Piste die als Versorgungszufahrt zu den Funktürmen führt. Ich freu mich wie ein kleines Kind, denn hier oben anzukommen ist nicht nur ein Ziel, sondern ein kleiner Traum von mir! Es ist gespenstisch hier oben denn die Sonne ist verschwunden und ich bewege mich inmitten einer dicken fetten Wolke, mal weniger fett mal mehr fett und ab und an erhasche ich einen freien Blick zum blauen Himmel. Die gelben Schneestangen sagen mir das hier oben auch mal ne ganze Menge Schnee liegen kann. Ich habe nur ein paar Reste gefunden und eine dicke fette Schneewehe in einem abgezäunten Funkbereich. Für hier oben habe ich mir die zweite Orange aufbewahrt die ich genüsslich aufmüffel aber zum lange rumsitzen ist es viel zu frisch hier oben auf 1870 Metern.

Die Funktürme

Schade auch das die Aussicht komplett durch die Wolken getrübt ist. Ich habe übrigens auf dem Weg hier rauf beschlossen die Piste zurück zu laufen was sich aber letztendlich als nicht ganz so ideal herausstellen wird. Hier oben sind sogar Geocaches versteckt. Komme ich hier noch mal hoch denke ich mir? Nimm die Verstecke lieber mit, aber ich muss vier Kilometer mindestens zusätzlich ablatschen. Zwei finde ich dann auch und der dritte will sich mir einfach nicht offenbaren. Der Umweg lohnt sich auf jeden Fall weil hier oben ist es einfach nur geil und noch geiler wäre es wenn ich freie Sicht hätte. Aber so ist das auch ein total mystisches Ambiente inmitten der Wolke und zwischen den ganzen Funkmasten. Letztes Jahr war hier ein großes Feuer und es ist bis zu dem Grat heraufgekommen und direkt vor den Funktürmen haben die Bomberos (Feuerwehrmänner) den Brand löschen können. Zur Südseite geht es auch so steil herunter das man da wohl nur mit Huschraubern oder Flugzeugen löschen kann.

Das Mittelmeer und das Castell de Ferro

Es wird jetzt aber Zeit, denn es ist schon 16:30 und ich bin um 09:15 los gelaufen! Die Piste ist recht gut zu gehen und schlängelt sich den Abhang herunter. Mittlerweile ist es hier pottendicht und die Sichtweite sinkt teilweise auf zwanzig Meter. Irgendwann hat das ständige hin und her der Serpentinen ein Ende und ich bin endlich auf einer asphaltierten Straße die irgendwo hin führt. Die Wolke habe ich hinter mir gelassen und mir fällt die Kinnlade herunter als ich den Wachturm Castell de Ferro am Mittelmeer erblicke! Das das so dicht ist hätte ich nicht gedacht!

Der Blick ist wieder frei und der Tag geht zu Ende

Es geht immer weiter bergab und die Straße schlängelt sich wie eine Schlange am Gebirge herunter. Die Aussicht ist genial und die vielen Oliven.- und Mandelbäume sind eine wahre Augenweide. Endlich komme ich an der Straße Orgiva-Torvicón heraus, es ist schon fast dunkel und wenn ein Auto kommt gehe ich lieber in die Wasserrinne um nicht plattgefahren zu werden. Es nervt etwas aber das Tal um Orgiva im Dunkeln zu erleben ist auch phantastisch. Bei Los Tablones gehe ich lieber von der Straße und nehme die kleine Phantasiebrücke über den Rio Guadalfeo und taper dann mit meiner Taschenlampe am Fluss entlang. Als ich Tir Na N’Og sehe ruft Heike mich doch etwas besorgt an! „Es dauert nicht mehr lange mein Schatz, ich bin gleich da“. Es ist bei uns eine Redewendung und kann auch bedeuten das ich erst Übermorgen zu Hause bin. 😉 Um 21:15 bin ich endlich zu Hause und habe knapp 35 km und 1800 Höhenmeter auf dem Tacho. Jetzt habe ich mein Ziel, meinen Traum doch tatsächlich erreicht, zwar hart erkämpft, denn meine zwei blau gelaufene Zehen werden mich noch Tage danach nerven, aber ich könnte sofort wieder los laufen. Eine neue Route habe ich auch schon ausgeguggt, von der Minenseite heran……… O.k. mein neues Ziel. Jetzt kann ich die frische Luft in meine Lungen strömen lassen, die Sonne genießen und das plätschern des Bewässerungskanals genießen.

Die Sierra Nevada, Ogiva und die weißen Dörfer
Funktürme in der Wolke
Schnee
Wegmarkierungen
Gämse?
Quarz
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