Lynda hat mir mal wieder einen Floh ins Ohr gesetzt. Wart ihr schon mal auf dem „Way of 6000 steps“ fragte sie mit einem verschmitztem Lächeln? Klar waren wir noch nicht da, und was ist da so tolles dran? Es soll in vielen Treppenstufen in einer einmaligen Gegend herunter und herauf gehen. Dank Wikiloc bekomme ich es schnell heraus und so weit entfernt ist es auch nicht. Laut Routenplaner ist der kürzeste Weg 25 km und dazu kommen noch 12,5 Kilometer latschen. Kann man mit dem Fahrrad locker schaffen denke ich, nur wie das mit dem Höhenunterschied ist hab ich nicht drauf, denn immerhin muß ich etwas 570 Meter raufradeln.
Versuch macht klug, also mache ich mich so früh wie möglich auf die Pedale und radel los. Ich nehme nicht den längeren Weg sondern steuere den Mont Pego an der mir im Wege liegt. Es geht durch den Parc natural de la Marjal de Pego-Oliva. Es ist eine große Ebene mit einem Feuchtgebiet, also Schilf ohne Ende und weil heute Samstag ist ein geballer als wenn ein Krieg ausgebrochen ist. Manchmal habe ich das Gefühl die Jäger schießen hier mit Schnellfeuergewehren.
Lebend und unverletzt erreiche ich den Fuß des Bergausläufers. Geradeaus über mir sehe ich leerstehend Neubauten die ich bereits vor ein paar Tagen schon ausgemacht habe. Der Weg steht also fest, gleich die 10% Steigung angehen, als über Pego die flachere Passage zu nehmen. Dann stehe ich auch schon vor dem Bauzaun und dahinter erspähe ich das Baugebiet. In einer Repräsentationshalle ist alles verwüstet, Glasscherben zwischen gefledderten Akten, kaputtgehauenen Druckern und Monitoren. Ein Schlachtfeld. Die Häuser unvollendet wie überall in Spanien und die bereits fertigen Straßen werden schon langsam überwuchert. So langsam werden mir die Ausmaße der Planung klar, die wollten den ganzen Berg bebauen. Gut das es vorbei ist.
Eine Firma Fadesa wollte hier bauen. Das Internet sagt mir das sie bereits 2007 pleite gegangen ist, sie war Europaweit in Mammutprojekte engagiert. Wenn ich so weiter mache komme ich nie an denke ich und die Steigung beginnt.
Die Aussichten berauschen mich und ich muss immer wieder anhalten und auf das Küstengebiet, die weite Ebene von Oliva blicken. Es ist großartig! Die Höhe von 170 Meter habe ich bald überwunden und es geht abwärts in das nächste Tal mit dem Blick auf den Montgó. Jetzt geht es relativ eben weiter bis die richtige Steigungsstrecke bis nach Benimaurell beginnt. Blöderweise nehme ich eine Abkürzung, die zwar kürzer ist aber in einem Wanderweg endet. Also den vollbepackten Drahtesel auf dem schmalen Weg schieben und ich bekomme immer wieder die scharfen Spitzen der Metallpedale in die Wade.
Entlohnt werde ich aber mit dem Anblick der ertsen Mandelblüten in diesem Jahr, und wie sie duften! Welch ein Genuss! Auch dieser schwierige Weg geht vorüber und so schnaube ich im Schneckentempo immer weiter auf der Serpentinenstraße herauf. In Campell ist gerade ein Dorffest, auf einem Haufen Sand kokelt ein Lagerfeuer auf dem etwas zum futtern schmort und neben dem vollbesetzten Zelt scheppert die typisch spanische Musik, eine Trompete, eine Gitarre und eine Trommel, ein Höllenlärm aber die Einheimischen finden es anscheinend ganz toll. Für meine Ohren ist das jedenfalls nix!
Endlich komme ich oben auf 563 Metern und 27 Kilometern in Benimaurell an. Neben einer Infotafel halte ich, müffel eine Apfelsine und überlege was ich mache. Es ist bereits 12:30 Uhr wenn der Fußmarsch dann noch mindestens fünf Stunden dauert könnte ich es in der Dämmerung noch schaffen. Ich spüre also in mich hinein und mein Bauch sagt mir lass es, du hast doch schon so viel tolles heute gesehen! Also lass ich es, telefoniere kurz mit Heike und beginne den Rückweg. Von Benimaurell nach Fleix nehme ich einen Nebenweg und so komme ich an zwei tollen Waschhäusern vorbei die aus Quellen gespeist werden und natürlich komme ich auch an dem Einstieg zum Wanderweg Barranc del Infern vorbei.
Es sieht so toll aus das ich mein Fahrrad am Hinweisschild anschließe, die Wanderstiefel anziehe und die endlose Treppe herabsteige. Aber nur bis zum ersten Tal. Es ist eine atemberaubende Kulisse als ich immer weiter die ausgetretenen Treppenstufen herunter komme.
Es mach zwar Lust auf mehr, aber ich gehe die 183 Meter wieder hoch zum Fahrrad. Die Treppenstufen sind blöde zu gehen, es geht auf die Gelenke, die Schrittweite ist auch daneben und sie sind ausgetreten, aber man gewinnt sehr schnell an Höhe.
Schließlich sause ich mit dem Fahrrad wieder in das Tal und nehme einen direkten Weg durch die Orangenfelder und so steuer ich auf den Lidl in El Verger zu. Dort ergatter ich ein paar Brötchen und Hummus (Kichererbsenpaste) und im Restaurant nebenan bestelle ich mir ein Bier und eine Ración Chipironnes. Das war lecker! Um 16:40 Uhr trudel ich nach etwa 65 Kilometern und 1015 Höhenmetern wieder zu Hause ein. Vielleicht fahren wir mit dem Wohnmobil irgendwann nach Feix, dort ist ein netter Parkplatz auf dem wir sicher auch übernachten können. Es gibt dort noch einige Wanderwege mehr zu erkunden 😉